
Von JJ Harrison (https://tiny.jjharrison.com.au/t/fCEqOJC1cJUcoIOa) - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18290910
Majestät der Lüfte – Der Wanderalbatros, ein König der Ozeane
Er ist ein Meister des Windes, ein Symbol für Freiheit und Weite: Der Wanderalbatros (Diomedea exulans) gilt nicht nur als der größte flugfähige Vogel der Welt, sondern auch als einer der faszinierendsten. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 3,50 Metern durchquert er die südlichen Weltmeere scheinbar mühelos – ein Leben in der Luft, über grenzenlosen Wassern.
Gigant mit Flügeln – Biologie und Erscheinung
Der Wanderalbatros gehört zur Familie der Röhrennasen (Procellariiformes) – benannt nach den röhrenförmigen Nasenöffnungen auf dem Schnabel, die ihm helfen, selbst feinste Gerüche aufzuspüren. Er erreicht eine Körperlänge von etwa 1,20 Meter und wiegt zwischen 6 und 12 Kilogramm. Trotz seines Gewichts und der enormen Spannweite ist sein Flug anmutig und energiesparend: Dank der dynamischen Segelflugtechnik kann er Windströmungen so effizient nutzen, dass er tagelang fliegt, ohne ein einziges Mal mit den Flügeln zu schlagen.
Abstammung und evolutionäre Besonderheiten
Der Wanderalbatros gehört zu einer uralten Linie von Seevögeln, deren Vorfahren sich bereits vor rund 60 Millionen Jahren von anderen Vogelgruppen abspalteten. Seine Anpassung an das Leben über offenen Ozeanen ist außergewöhnlich: Seine Nasenröhren ermöglichen nicht nur das Riechen über große Distanzen – wichtig bei der Nahrungssuche –, sondern helfen auch dabei, überschüssiges Salz aus dem Körper zu entfernen. Über spezielle Drüsen kann der Vogel das Meerwasser, das er aufnimmt, wieder ausscheiden.
Verbreitung und Lebensraum
Der Wanderalbatros ist in den südlichen Ozeanen zu Hause. Er umkreist regelmäßig die Antarktis und besucht Inseln im Südatlantik, Südpazifik und Südindischen Ozean, etwa South Georgia, die Kerguelen, die Crozetinseln oder Macquarie Island. Dort befinden sich seine Brutkolonien, oft auf abgelegenen, windumtosten Klippen oder Grasflächen.
Über den endlosen Weiten des Südpolarmeers segelt er oft tagelang durch die Lüfte, ohne ein einziges Mal den Boden oder das Wasser zu berühren.
Während seiner monatelangen Reisen außerhalb der Brutzeit verbringt der Wanderalbatros nahezu sein gesamtes Leben in der Luft. Studien mit GPS-Trackern zeigen: In nur einem Monat kann ein einzelner Vogel bis zu 15.000 Kilometer zurücklegen. Das gelingt ihm durch eine spezielle Flugtechnik namens „dynamisches Segeln“: Dabei nutzt der Albatros geschickt die Windverhältnisse nahe der Wasseroberfläche und steigt in weiten Bögen auf und ab – fast ohne Flügelschlag. Diese ausgeklügelte Methode spart Energie und ermöglicht stunden- oder gar tagelange Gleitflüge.
Die Frage, wie der Albatros dabei schläft, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Forscher vermuten, dass er ähnlich wie andere Hochseevögel im Gleitflug kurzzeitig ruht – eine Leistung, die fast übermenschlich wirkt.
Von Cephas - Adapted from: BirdLife International. 2018. Diomedea exulans. The IUCN Red List of Threatened Species 2018: e.T22698305A132640680. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2018-2.RLTS.T22698305A132640680.en. Accessed on 16 December 2021., CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=113418638
Ernährung und Jagdverhalten
Die Hauptnahrung besteht aus Tintenfischen, Fischen und Krebstieren. Wanderalbatrosse sind geschickte Oberflächenjäger: Sie schnappen ihre Beute aus dem Wasser oder folgen Walen, um deren Nahrung zu teilen. Dabei hilft ihr hoch entwickelter Geruchssinn – eine Seltenheit unter Vögeln. Auch Aas und Fischereiabfälle werden nicht verschmäht, was sie gelegentlich in gefährliche Nähe zu Fanggeräten bringt.
Brutverhalten und Aufzucht
Der Wanderalbatros ist ein Modell elterlicher Geduld: Er wird mit etwa 10 Jahren geschlechtsreif und paart sich meist ein Leben lang mit demselben Partner. Die Brut erfolgt nur alle zwei Jahre. Das Paar baut ein Nest aus Torf, Gras und Algen, legt ein einziges Ei, das abwechselnd von beiden Elternteilen über rund 80 Tage bebrütet wird. Nach dem Schlüpfen versorgen die Eltern das Küken für weitere 8 bis 10 Monate, bis es flugfähig ist. Danach segelt der junge Vogel für viele Jahre über die Meere, ohne je festen Boden zu betreten.
Bedrohungen und Schutz
Trotz ihrer Anpassung an extreme Bedingungen ist die Existenz des Wanderalbatros heute ernsthaft bedroht. Die größte Gefahr geht von der industriellen Hochseefischerei aus, insbesondere der Langleinenfischerei. Tausende Vögel verheddern sich jährlich an den Köderhaken und ertrinken. Auch Plastikmüll, Ölverschmutzung und die Erwärmung der Ozeane setzen der Art zu.
Laut der Weltnaturschutzunion (IUCN) gilt der Wanderalbatros als gefährdet. Zahlreiche Schutzprogramme, darunter das internationale Abkommen ACAP (Agreement on the Conservation of Albatrosses and Petrels), arbeiten an Lösungen: etwa durch die Umrüstung von Fangflotten, durch Aufklärung und die Einrichtung geschützter Brutgebiete.
Der Wanderalbatros ist ein Sinnbild für Wildnis, Weite und das fragile Gleichgewicht mariner Ökosysteme. Seine eleganten Flüge über sturmgepeitschte Wellen, sein langes Brutverhalten und seine bedrohte Existenz erinnern uns daran, wie eng Schönheit und Verletzlichkeit in der Natur verbunden sind. Wer einen Albatros am Himmel sieht, sieht nicht nur einen Vogel – sondern einen der letzten großen Weltenwanderer.

Von JJ Harrison (https://www.jjharrison.com.au/) - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16589641
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