Ferdinand von Schirach: Nachmittage

Veröffentlicht am 8. März 2025 um 09:17

"Was war vor dem Urknall?" Solche Fragen sind sinnlos. "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt", sagt WIttgenstein. Es gibt kein vor dem Urknall, weil das heißen würde, dass es 'Zeit' vor dem Urknall gegeben haben könnte. Aber 'Zeit ' ist nicht vorhanden, weil Zeit ohne Raum nicht möglich ist, Unsere Sprache kann nur innerhalb des Raumes und innerhalb der Zeit Sinnvolles aussagen. Die Existenz Gottes lässt sich ebenso wenig beweisen wie das Gegenteil. Diese Grenzen beruhigen mich."

"Aber was Thomas Mann, Balzac und Hemingway nicht sagten, ist, dass es den Künstlern selbst gar nicht hilft, zu schreiben, zu komponieren oder zu malen. Die Unsicherheit löst sich nicht auf. Krumm und schief sind sie in dies Welt gestellt, sie scheitern an sich selbst, und nie werden sie die, die sie sein wollen. Und dann, meist erst sehr spät in unserem Leben, begreifen wir es: Es gibt keine Antworten, es gab sie noch nie."

"Es gibt Geschichten, die man nur in einer solchen Bar nachts einem Fremden erzählen kann. Draußen gehen Menschen weiter in Clubs, in Karaoke-Bars und Restaurants, sie verkleiden sich und lieben sich und hassen sich und sind sich gleichgültig, aber man selbst gehört für einen kurzen Moment nicht  mehr dazu und fällt aus der Zeit."

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