Wer war Joseph Mallord William Turner?

Veröffentlicht am 27. Jänner 2025 um 11:04

                                                                                                                                          Selbstportrait - Bild stammt von Wikipedia

Herkunft und frühes Leben

Joseph Mallord William Turner wurde am 23. April 1775 in Covent Garden, London, geboren. Sein Vater, William Turner, war ein Barbier und Perückenmacher, während seine Mutter Mary Marshall aus einer Metzgerfamilie stammte. Schon früh zeigte sich Turners künstlerisches Talent, und sein Vater unterstützte ihn dabei, indem er seine Zeichnungen im Schaufenster seines Geschäfts verkaufte.

Im Alter von zehn Jahren wurde Turner nach Brentford geschickt, wo er bei seinem Onkel lebte und die dortige Schule besuchte. Diese Zeit prägte ihn nachhaltig, da er hier seine ersten ernsthaften künstlerischen Studien betrieb. 1786 zog er nach Margate, eine Hafenstadt an der Küste von Kent, wo er weitere Naturstudien anfertigte. Bereits mit 14 Jahren wurde er an der renommierten Royal Academy of Arts als Schüler aufgenommen.

Ausbildung und erste Erfolge

An der Royal Academy beeindruckte Turner schnell mit seinem Talent. Er erhielt eine fundierte akademische Ausbildung und kopierte die Werke alter Meister, um seine Technik zu verfeinern. Seine ersten Ausstellungen in der Royal Academy fanden großen Anklang, und er etablierte sich bald als vielversprechender Nachwuchskünstler.

Während dieser Zeit unternahm Turner zahlreiche Reisen durch England, um Landschaften und architektonische Strukturen zu studieren. Seine Skizzenbücher aus dieser Zeit sind bis heute erhalten und dokumentieren seinen unermüdlichen Forschergeist. 1796 stellte er sein erstes bedeutendes Ölgemälde "Fishermen at Sea" aus, das ihn als Meister der Licht- und Schattenmalerei auswies.

Reisen und Einfluss auf sein Schaffen

Turners Reisen hatten einen prägenden Einfluss auf sein Werk. Er besuchte nicht nur zahlreiche Orte in Großbritannien, sondern reiste auch nach Frankreich, Italien und in die Schweiz. Besonders Italien mit seinen eindrucksvollen Landschaften und dem reichen künstlerischen Erbe inspirierte ihn nachhaltig. Seine Eindrücke aus Venedig, Rom und Neapel flossen in viele seiner Werke ein.

Seine Reisen ermöglichten ihm, Licht, Farbe und Atmosphäre in einer Weise zu erfassen, die revolutionär für seine Zeit war. Turner entwickelte eine Technik, bei der er Farben in leuchtenden, fast impressionistischen Tönen auftrug, was seinen späteren Stil prägte.

 

                                                                                                                                                                                                                                                            The Battle of Trafalgar (Wikipedia)

Turners Technik und künstlerische Besonderheiten

Turners Technik war außergewöhnlich und revolutionär. Er experimentierte mit Farbschichten, Lichtreflexen und atmosphärischen Effekten, um Bewegung und Dramatik in seinen Werken einzufangen. Seine Malweise wurde zunehmend expressiver, wobei er Farbtöne oft direkt auf der Leinwand mischte, um spontane Effekte zu erzielen.

Ein herausragendes Merkmal seiner Kunst ist der Umgang mit Licht. Turner verstand es, Sonnenaufgänge, Nebel, Dunst und Lichtbrechungen auf dem Wasser in beeindruckender Weise darzustellen. Sein Interesse galt dabei nicht nur der naturalistischen Wiedergabe, sondern auch der emotionalen Wirkung des Lichts. Seine Werke strahlen oft eine fast traumartige Atmosphäre aus, in der sich Naturgewalten und menschliche Existenz gegenüberstehen.

Seine Pinseltechnik entwickelte sich über die Jahre von präziser Detailtreue hin zu einer fast abstrakten Form, in der Konturen oft nur noch angedeutet wurden. Insbesondere in seinen späteren Werken verwendete er dünne Lasuren und durchscheinende Farbschichten, um Tiefe und Leuchtkraft zu erzeugen. Diese innovative Technik war bahnbrechend und machte ihn zu einem Wegbereiter des Impressionismus.

Turner nutzte auch ungewöhnliche Materialien wie Mehl, Harz oder Bier, um verschiedene Oberflächeneffekte zu erzeugen. Zudem war er ein meisterhafter Aquarellist, dessen Werke neue Maßstäbe in der Landschaftsmalerei setzten. Seine Aquarelle zeichnen sich durch eine bemerkenswerte Transparenz und Leichtigkeit aus, mit der er Lichtstimmungen und Wetterphänomene eindrucksvoll einfing.

                                                                                                                                                                                                                                                                                          Dutch Boats in a Gale

Bedeutende Werke

Turner schuf hunderte von Gemälden und Tausende von Aquarellen und Zeichnungen. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören:

  • "The Fighting Temeraire" (1839): Dieses Bild zeigt das ausgemusterte Kriegsschiff HMS Temeraire, das von einem kleinen Schlepper zu seinem letzten Liegeplatz gebracht wird. Das Gemälde symbolisiert den Übergang von der alten zur neuen Welt und wird als eines der bedeutendsten Werke der britischen Kunst angesehen. Turner nutzte hier warme Gold- und Orangetöne für den Himmel, während das Schiff in kühlen, blassen Farben gehalten ist, was seine Vergänglichkeit betont.

  • "Rain, Steam and Speed – The Great Western Railway" (1844): In diesem Gemälde bringt Turner die Geschwindigkeit und Energie der industriellen Revolution zum Ausdruck. Die Darstellung einer Dampflokomotive, die durch Regen und Dampf rast, zeigt seinen innovativen Umgang mit Farbe und Bewegung. Die Komposition ist dynamisch, mit diagonal verlaufenden Linien, die die Geschwindigkeit der Lok betonen. Das unscharfe Umfeld verstärkt den Eindruck von Geschwindigkeit und Zeitlichkeit.

  • "The Slave Ship" (1840): Dieses Gemälde behandelt die grausame Praxis des Sklavenhandels und ist eines von Turners engagiertesten Werken. Die Darstellung eines in Sturzwellen versinkenden Sklavenschiffes mit verstärkten Rottönen und dramatischem Himmel macht es zu einem eindrucksvollen politischen Statement. Hier setzt Turner seine Farbpalette gezielt ein, um die Tragik des Moments zu verstärken – das leuchtende Rot des Sonnenuntergangs spiegelt die Grausamkeit des Geschehens wider.

                                                                                                         The Fighting Temeraire                                                                                                                                                                               

Spätere Jahre und Vermächtnis

In seinen späteren Jahren zog sich Turner zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück und lebte ein abgeschiedenes Leben. Er experimentierte weiter mit Licht und Farben und wurde zu einem Vorläufer des Impressionismus. Seine letzten Jahre verbrachte er in Chelsea, London, wo er am 19. Dezember 1851 verstarb.

Turner hinterließ ein riesiges künstlerisches Erbe, das die Landschaftsmalerei revolutionierte. Seine Werke beeinflussten spätere Künstler wie Claude Monet und inspirieren bis heute Maler und Kunstliebhaber auf der ganzen Welt. Heute wird Turner als einer der größten britischen Maler aller Zeiten gefeiert.

                                                                                                                                                                                                                                                                                     The Slave Ship (Wikipedia)

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